Fachkräfte & Nachwuchs im Digital Marketing: Aktuelle Umfrage bringt neue Insights

Fachkräfte & Nachwuchs im Digital Marketing: Aktuelle Umfrage bringt neue Insights

In einer mit dem Branchenmagazin HORIZONT gelaunchten Umfrage hat die iab AG Ausbildung in Kooperation mit der FH St. Pölten einen Blick auf die Themen Fachkräfte und Nachwuchs im Digital Marketing geworfen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen unter anderem Gründe für die Schwierigkeiten in Sachen Recruiting auf, beleuchten fachliche und überfachliche Erwartungen sowie Aktivitäten für die Mitarbeiterbindung. Nicht zuletzt zeigt sie auch Stärken und Schwächen der Generation Z auf.

In einem HORIZONT Interview geben Kathrin Hirczy (Leiterin der iab AG Ausbildung, iab Vorstandsmitglied & Gruppenleiterin Online Brand Communication bei BILLA) sowie Harald Rametsteiner (Mitglied der iab AG Ausbildung & FH Dozent und Leiter des Masterlehrgangs Digital Marketing) weitere Einblicke. iab Mitglieder können die Ergebnisse der Umfrage im iab Mitgliedsbereich downloaden.

v.l.n.r.: Harald Rametsteiner (Credit: Florian Stix), Kathrin Hirczy (Credit: Picturepeople)


Der Anspruch der Arbeitgeber:innen wächst ebenso wie der Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life Balance seitens der nächsten Generation: Wie sehr hat sich die Haltung des Nachwuchses im Digital Marketing in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht tatsächlich geändert?  

Kathrin Hirczy: Wir nehmen an, dass sich vor allem bedingt durch die Covid Pandemie der Wunsch von Arbeitnehmer:innen nach mehr Flexibilität manifestiert hat. Während einige Arbeitgeber:innen nach der Pandemie wieder zu ursprünglichen Modellen zurückkehren wollten, forderten Arbeitnehmer:innen die Beibehaltung dieser gewonnenen flexiblen Arbeitszeiteinteilung. Die Umfrage zeigt, dass vor allem das Thema Flexibilität als größter Benefit gesehen wird.

Und welche Veränderungen sehen Sie auf Seiten der Arbeitgeber:innen?  

Kathrin Hirczy: Sehr spannend für uns in der Umfrage war, dass die Annahmen der Arbeitgeber:innen, was einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht teilweise von den Wünschen der Arbeitnehmer:innen abweichen. Während Stundenreduktion und bessere Bezahlung bei den Arbeitnehmer:innen hoch im Kurs stehen, denken Arbeitgeber:innen ihre Attraktivität mit mehr Weiterbildungsangeboten oder Goodies wie Obst zu erhöhen. Die zunehmenden individuellen Anforderungen überfordern manchmal die festgefahrenen Modelle von Arbeitgeber:innen.

Die befragten Unternehmen ordnen der Gen Z viele Stärken aber auch einige Schwächen zu – darunter der stärkere Fokus aufs Freizeitleben sowie fehlende Ausdauer und keine Bereitschaft für 40 Stunden die Woche. Schätzen Sie dies ebenfalls als Schwächen ein?

Kathrin Hirczy: Ich würde die Verschiebung der Prioritäten nicht als Schwäche bezeichnen, solange die Qualität der Arbeit innerhalb der Arbeitszeit stimmt. Ein Fokus auf Freizeit oder Arbeitszeitreduktion kann auch zu Effizienzen führen, wenn sich Arbeitnehmer:innen vermehrt fragen, womit sie mittels Automatisierung und Digitalisierung schneller und genauer arbeiten können. Das setzt jedoch ein ordentliches Maß an Proaktivität voraus.

Harald Rametsteiner: Der Wunsch nach mehr Freizeit wird oft als Schwäche eingeordnet. Meiner Einschätzung nach ist für uns alle die richtige Life-Balance wichtig, dazu gehören Engagement im beruflichen Alltag und sinnvolles Nutzen der Freizeit. Effizienz im Arbeiten hilft beim Vermeiden von nicht notwendigen Mehrstunden und Freischaufeln für Hobby, Familie & Co. Idealerweise machen beide Lebenswelten – Beruf und Freizeit – Spaß.

Studien, beispielsweise aus Großbritannien, belegen die Wirksamkeit der Vier-Tage-Woche: Weniger Stress und Krankenstände, mehr Zeit für Familien- und Sozialleben. Woran scheitert es hierzulande?  

Kathrin Hirczy: Organisatorische Hürden stellen Unternehmen oft vor eine Herausforderung in der Umsetzung einer Vier-Tage-Woche. Es gab Testpiloten in Österreich und ein paar Firmen kehrten nach der Testzeit zu einer Fünf-Tage-Woche zurück, weil das Testangebot nicht genutzt wurde. Die Umfrage lässt vermuten, dass die Vier-Tage-Woche kein Allheilmittel ist. Flexibel auf die Lebensbedürfnisse von Arbeitnehmer:innen zu reagieren scheint wichtiger.

Wie ordnen Sie die Relevanz von künstlicher Intelligenz in Bezug auf Ausbildung und Integration in den Berufsalltag des Digitalen Marketings ein?

Harald Rametsteiner: Praxisnahe Lehre integriert aktuelle Themen wie künstliche Intelligenz zeitnahe in den Studienplänen. Im berufsbegleitenden Masterlehrgang Digital Marketing der FH St. Pölten behandeln wir die KI im Rahmen der Trends & Spezialbereiche, in der Zukunft werden die Möglichkeiten der KI einen noch größeren Stellenwert in den Lehrveranstaltungen haben. Derzeit ist der Berufsalltag vom Ausprobieren unterschiedlicher KI-Tools geprägt, das ist eine spannende Phase mit einem Ausblick auf hilfreiche Unterstützung beim täglichen Arbeiten.

Orten Sie hier die Chance auf mehr Arbeitsplätze oder sogar das Gegenteil?

Harald Rametsteiner: Die wirkliche Auswirkung auf den Arbeitsmarkt lässt sich derzeit nicht konkret abschätzen. Die Vergangenheit rund um neue Entwicklungen hat gezeigt, dass alte Jobs wegfallen und neue Job-Profile entstehen. Wichtig bleibt, dass man selbst im eigenen Umfeld aktuell bleibt und Spezialwissen mit anderen Disziplinen vernetzt wird.

Wie lässt sich die Kluft zwischen Arbeitgeber:innen und Nachwuchstalenten in Bezug auf Anforderungen und Erwartungen Ihrer Meinung nach schließen? Welchen tradierten Arbeitsmodelle müssen sich hierfür ändern?

Harald Rametsteiner: Beim Blick auf die fachlichen Erwartungen sind die Institutionen der Aus- und Weiterbildung gefordert, eine gesunde Mischung aus strategischem Verständnis und operativen Kompetenzen zu vermitteln. Bei den überfachlichen Kompetenzen zählen Engagement, Pragmatismus und Teamorientierung. Es bringt wenig, wenn die Unternehmen von Flexibilität sprechen und gleichzeitig ein starres Regelwerk als Rahmen zur Verfügung stellen. Ich nehme die junge Generation – geprägt vom langjährigen Umgang mit Studierenden und Alumni – als wiffe und reflektierte Nachwuchskräfte wahr, im Umgang erwarten sie Verständnis und Sinnhaftigkeit bei einer potenziell hohen Leistungsfähigkeit.

Wie können sich Unternehmen im Kampf um jung Talente attraktiver präsentieren?

Harald Rametsteiner: Es zeigt sich in vielen Branchen die Herausforderung beim Schließen der Lücken der vielfältigen Aufgaben mit Fachkräften. In einer vergleichbaren aktuellen Branchenstudie – konkret im Bereich Kongresse & Tagungen – wurden die wesentlichen Werte, die von Arbeitgebern erwartet werden, abgefragt. Die wichtigsten drei Werte für den Nachwuchs und Fachkräfte sind Wertschätzung, Vertrauen und Freiraum. Eigentlich sind das keine neuen Werte, im Prinzip wünschen wir uns über alle Generationen diese Werte. Unternehmen, welche diese Rahmenbedingungen – selbstverständlich auch verbunden mit wertschätzender Bezahlung – erfüllen, werden als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen.

Wie wird sich die Situation am heimischen Arbeitsmarkt unter den gegebenen Bedingungen Ihrer Meinung nach weiterentwickeln?  

Kathrin Hirczy: Vermutungen zufolge soll der „war of talents“ zunehmen. Sehr gut ausgebildete Arbeitskräfte kommen in den Online Marketing Markt und haben gewisse Erwartungen an Arbeitgeber:innen – wie so oft wird hier die Konsensbereitschaft aller Beteiligten über den Erfolg beim Recruiting entscheiden.