Weniger Daten, höhere Qualität: Die Zukunft der Analyse-Tools

Weniger Daten, höhere Qualität: Die Zukunft der Analyse-Tools

Klagen von Max Schrems lösen keinen unmittelbaren Handlungsbedarf aus. Unternehmen, die sich jetzt schon auf einen möglichen Entscheid des Europäischen Gerichtshofs vorbereiten, haben einen Wettbewerbsvorteil.

Das Thema Datenanalyse bleibt durch den bevorstehenden Wegfall der Third Party Cookies und die immer stringenteren Privacy-Einstellungen der Browser ein Dauerbrenner in der Digitalwirtschaft. Datenbasiertes und -getriebenes Marketing braucht verlässliche Informationen über das Verhalten der User, um diese mit relevanten Botschaften zu erreichen. Als größte Interessenvertretung der Digitalwirtschaft beschäftigt sich das interactive advertising bureau austria bereits seit geraumer Zeit mit datenschutzkonformen Wegen, die sowohl die Effizienz von Kampagnen erhöhen als auch das User-Erlebnis verbessern.

Unter dem Titel „Die Zukunft der Analyse-Tools“ beschäftigte sich beim letzten „Digi Talk“ vor dem Sommer eine hochkarätige Expertenrunde mit konkreten Lösungswegen. Mit iab-austria-Präsident Markus Plank diskutierten Jurist Markus Dörfler (Höhne, In der Maur & Partner), Markus Fallenböck (Own360), Leiter der Arbeitsgruppe Public Affairs im iab austria, Klaus Müller (Jentis), Ilona Van de Bildt (Google) und Lisa Weichselbaum (e-dialog).

Verunsicherung der Digitalwirtschaft durch österreichische Datenschutzbehörde

„Kaum eine Branche musss sich zur Zeit so intensiv mit technischen wie rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen wie die Digital- und Kommunikationswirtschaft“, leitet Plank in das Online-Event ein. „Jede Woche schwebt durch die Entscheidungen der europäischen Datenschutzbehörden ein neues Damoklesschwert über der Branche und sorgt für Verunsicherung.“

Durch die EU-Datenschutzgrundverordnung wurde der Rechtsrahmen für die Verarbeitung personenbezogener Daten komplett neu aufgestellt, die massive Auswirkungen auf die Verarbeitung in Drittstaaten außerhalb des EWR-Raums mit sich bringt. Diese wurden durch die Aufhebung des Privacy Shields zusätzlich eingeschränkt. Seit 2021 wirksame neue Standardvertragsklauseln stehen teils im Widerspruch zur EU-Datenschutzgrundverordnung.

Trotz der sehr unterschiedlichen Entscheidungen und Herangehensweisen der Datenschutzbehörden in den EU-Mitgliedsstaaten gibt die Arbeit an einer Nachfolgelösung (Transatlantic Privacy Data Framework) für das Privacy Shield Grund zur Hoffnung. Außerdem erwartet sich das iab austria vom Digital Markets Act sowie dem Digital Services Act eine Verbesserung der digitalen Welt und mehr Wettbewerbsgerechtigkeit mit den Tech-Giganten.

Europäischer Gerichtshof wird über Datentransfer entscheiden

Die österreichische Datenschutzbehörde (DSB) hat anlässlich der Klagen des Aktivisten Max Schrems aus dem Jahr 2020 an Google ein Exempel statuiert, das alle US-Softwareanbieter betrifft, über das letztlich nach dem Instanzenzug erst der Europäische Gerichtshof entscheiden wird. Die Klage beruhte jedoch auf den damals gültigen Standardvertragsklauseln und wurde zu einer Zeit eingereicht, wo die Anonymisierung von Daten noch nicht so weit vorangeschritten war. Zudem wurde damals das Tool Universal Analytics geklagt, das kommendes Jahr vom Markt genommen wird. In der Nachfolgeversion Google Analytics 4 können Daten durch die User über die gesetzlichen Vorgaben hinaus minimiert werden. Sämtliche Verantwortung wurde in der Entscheidung auf den Websitebetreiber übertragen und nicht die Softwareanbieter in die Pflicht genommen.

„Es braucht einen Vertrauensschutz für Rechtsanwenderinnen und -anwender, wenn die EU Standardvertragsklauseln vorgibt. In der Weiterentwicklung der Digitalwirtschaft ist Europa vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Entwicklungen gut beraten, sich die richtigen strategischen Partner zu suchen“, fordert Fallenböck.

Datenminimierung steigert die Datenqualität

„Grenzüberschreitende Datenflüsse sind die Grundlage für jede digitale Aktivität“, betont Van de Bildt. „Datenschutz, Transparenz und Kontrolle für die User stehen im Zentrum aller Entwicklungen. Firmen müssen ein Vertrauensverhältnis und eine direkte Beziehung mit Usern aufbauen, damit diese ihnen ihre Daten anvertrauen. User müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Daten selbst zu verwalten oder auch zu löschen. Daraus resultiert eine geringere Datenquantität, aber deutlich höhere Datenqualität.“

„Panik ist ein schlechter Ratgeber und derzeit nicht angebracht. Firmen sind gut beraten, sich Pläne für alternative Lösungen zurechtzulegen, um im Falle der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs rasch handeln zu können. Es muss nicht jetzt sofort alles umgestellt werden, solange das Verfahren in der Schwebe ist“, beruhigt Dörfler.

Großen Handlungsbedarf sieht Weichselbaum im Bereich Consent Management und First Party Data, um für alle rechtlichen Entwicklungen gerüstet zu sein und durch frühzeitige Vorbereitungen einen Wettbewerbsvorteil zu erwirken. Dem pflichtet auch Müller bei, der Firmen ermutigt, die Kontrolle über ihre Daten im Rahmen der First Party Data wieder zurückzugewinnen. Sie müssen die Daten der User direkt erhalten, bevor sie diese zur allfälligen Verarbeitung an externe Anbieter weitergeben.

„Wir müssen uns vom Gedanken des grenzenlosen Datensammelns lösen und uns auf die Daten fokussieren, die einen tatsächlichen Mehrwert liefern und gewinnbringend genutzt werden können“, rät Plank.