Umfeldsicherheit ist auf Twitter nicht mehr gegeben. Rund drei Millionen Euro fließen aus Österreich in Elon Musks Kassen und können zum Bumerang für Marken werden und ihr Geschäft schädigen. Online-Vermarkterkreis befürchtet weitreichende negative Auswirkungen für Werbetreibende durch erratische Entscheidungen des neuen Twitter-Eigentümers, die Hass, Diskriminierung, Populismus, Rassismus, Verschwörungstheorien und Fake-News Tür und Tor öffnen.
Kaum ein Tag vergeht ohne Schlagzeilen zu den Missständen bei Twitter, seit Elon Musk das soziale Netzwerk übernommen hat, bei dem kein Stein auf dem anderen bleibt. Rassistischen Posts im Rahmen der umstrittenen FIFA Fußball WM in Katar steht Tür und Tor offen. 99 Prozent der diskriminierenden Inhalte gegen 43 teilnehmende Spieler wurden laut einer Untersuchung des Center for Countering Digital Hate nicht entfernt. Trotz anderslautender Aussagen von Twitter, die Regeln für Hasssprache nicht zu verändern, verwandelt sich die Plattform zu einem stark polarisierenden Umfeld, in dem Rassismus, Diskriminierung und Hass unumgänglich geworden sind. Der massive Abbau von kolportierten 7.500 Jobs sorgt für eine Vielzahl an technischen Problemen und begünstigt Hasssprache und die ungehinderte Veröffentlichung strafrechtlich ahndbarer Posts.
Nicht nur zahlreiche User haben bereits Konsequenzen gezogen und der Plattform den Rücken gekehrt. Immer mehr Werbetreibende erkennen die Gefahren, die das Umfeld für ihre Inhalte offenbart. In Deutschland reagieren bereits global aktive Firmen wie Audi, Allianz, Fresenius, SAP, Siemens oder Volkswagen auf den kompletten Verlust der Brand Safety. In den Vereinigten Staaten reihen sich Giganten wie General Motors, Mondelez oder United Airlines in den Reigen ein, der an den temporären Rückzug zahlreicher Werbekunden von Facebook erinnert, als dort Vorwürfe wegen Diskriminierung, Rassismus und Hass offenkundig wurden.
Massive Umsatzeinbrüche und eine ungewisse Zukunft sind nur Teile der Probleme von Twitter. Auch öffentliche Drohungen des neuen Twitter-Eigentümers gegen abtrünnige Werbekunden sorgen für eine weitere Polarisierung.
Drei Millionen rot-weiß-rote Werbeeuros für Twitter
Laut Spending-Studie von iab austria und Momentum Wien werden jährlich rund drei Millionen Euro von österreichischen Unternehmen auf Twitter ausgegeben, das bis zur Übernahme durch Musk hierzulande etwa 160.000 User zählte – ein minimaler Wert im Vergleich zu den 6,67 Millionen Internetusern, welche die Österreichische Web Analyse (ÖWA) zählt.
Während Musk Werbekunden auf ihren Boykott mit einem „thermonuklearen Benennen und Schämen“ droht, müssen sich Werbetreibende die Frage stellen, ob dies nicht eher die Reaktion der User ist, die weiterhin ihre Werbung im Nachrichtendienst wahrnehmen.
„Umfeldsicherheit ist das dominierende Thema in der gesamten Digitalwirtschaft. In Zeiten der kollektiven Unsicherheit durch multiple Krisen haben Marken eine hohe Verantwortung, verlässliche Partner der Menschen zu sein und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Jede Investition in Twitter stellt derzeit nicht nur eine Förderung der Polarisierung dar, sondern birgt negative Auswirkungen auf das eigene Geschäft. User kehren nicht nur Twitter den Rücken, sondern auch Marken, die in diesem Umfeld ungeachtet aller negativen Folgen der Übernahme durch Musk werben“, warnt Eugen Schmidt (AboutMedia), Leiter des Online-Vermarkterkreises im iab austria.
Reichweite ohne Kompromisse
Während Twitter ebenso wie andere US-Tech-Giganten unsicheren Zeiten entgegensieht und seine Reichweiten durch Verschwörungstheorien, Hass, Rassismus und Polarisierung zu stärken versucht, bieten heimische Publisher Werbetreibenden nicht nur verlässlich und transparent geprüfte Reichweiten, sondern auch ein vertrauenswürdiges Umfeld. Offene Diskussion ist kein Alleinstellungsmerkmal der Tech-Giganten: In moderierten und überwachten Foren findet User-Interaktion statt, wobei auf die Einhaltung sowohl rechtlicher als auch ethischer Standards geachtet wird. Verantwortungsvolle Berichterstattung zeigen die österreichischen Publisher-Portale beispielsweise im Umgang mit der FIFA Fußball WM in Katar, in der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Missständen ebenso Fläche eingeräumt wird wie sportlichen Themen.
„Österreichische und europäische Publisher tätigen hohe Investitionen in das verlässliche und glaubwürdige Umfeld und fördern unabhängigen, fundierten und anständigen Journalismus. Nicht nur Medien haben eine große Verantwortung gegenüber ihren Usern. Werbetreibende entscheiden mit ihren Spendings häufig über die Existenz von Medien. Marken und Firmen haben eine medienpolitische Verantwortung, die von ihren Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt wahrgenommen wird. Eine verantwortungsvolle Werbestrategie zahlt direkt auf den Shareholder Value ein. Wer sich für ein hasserfülltes, negatives und unsicheres Umfeld entscheidet, verliert zwangsläufig Käuferinnen und Käufer, welche diese Marken boykottieren“, mahnt Schmidt.„Österreichische und europäische Publisher tätigen hohe Investitionen in das verlässliche und glaubwürdige Umfeld und fördern unabhängigen, fundierten und anständigen Journalismus. Nicht nur Medien haben eine große Verantwortung gegenüber ihren Usern. Werbetreibende entscheiden mit ihren Spendings häufig über die Existenz von Medien. Marken und Firmen haben eine medienpolitische Verantwortung, die von ihren Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt wahrgenommen wird. Eine verantwortungsvolle Werbestrategie zahlt direkt auf den Shareholder Value ein. Wer sich für ein hasserfülltes, negatives und unsicheres Umfeld entscheidet, verliert zwangsläufig Käuferinnen und Käufer, welche diese Marken boykottieren“, mahnt Schmidt.
Tech-Giganten werden zum Risiko für den Geschäftserfolg
Die Konnotation einer Marke mit dem Werbeumfeld hat wesentlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Der aktuelle Twitter-Skandal reiht sich in eine lange Geschichte ähnlich gelagerter Probleme mit sozialen Medien ein, die Marken zu kurzfristigen Änderungen in ihrer Werbestrategie veranlassten.
„Die Plattformen der US-Tech-Giganten sind kein Muss in der Mediaplanung, sondern werden immer mehr zum unkalkulierbaren Risiko für Marken. Firmen, die Transparenz, Anstand und gesellschaftliche Verantwortung als Teil ihres Markenkerns versprechen, brauchen das entsprechende Umfeld, das sich den gleichen Werten verpflichtet“, so Schmidt abschließend.