Redaktioneller Kahlschlag bei Tageszeitungen ist Risiko für heimischen Digitalmarkt

Redaktioneller Kahlschlag bei Tageszeitungen ist Risiko für heimischen Digitalmarkt

Online-Vermarkterkreis übt Kritik an den massiven Personalkürzungen und fürchtet Abwanderung der User und Spendings in fragwürdige Umfelder. Hohe Umfeldqualität verlangt nach Investitionen in den Journalismus. Medienförderung muss neu gedacht werden: Stärkung Privater und keine Schwächung des öffentlich-rechtlichen Angebots.

Mit den drastischen Personalkürzungen, die gerade bei österreichischen Tageszeitungen vollzogen werden, setzen die Medienunternehmen ein fatales Zeichen für den Digitalstandort. Die werbetreibende Wirtschaft benötigt ein hochwertiges und vertrauenswürdiges Umfeld mit klarem Österreichbezug. Inhaltliche Qualität und Brand Safety sind die Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit von Digitalkampagnen. Nur durch eine differenzierte und fundierte Berichterstattung binden Publisher-Portale langfristig User an sich und erzielen die hohen Reichweiten, die Österreichs Werbetreibende benötigen. Nachdem bereits jetzt über die Hälfte aller rot-weiß-roten Werbespendings zu den globalen Plattformen abfließen, braucht es ein klares Bekenntnis zum Journalismus und keinen personellen Kahlschlag in den Redaktionen.

Werden die journalistischen Angebote sowohl quantitativ als auch qualitativ auf den Publisher-Portalen der etablierten Medienmarken eingeschränkt, fürchtet der Online-Vermarkterkreis eine Abwanderung der User auf fragwürdige und kaum seriöse Informationsquellen abseits des fundierten und geprüften Journalismus. Dies würde auch eine Verlagerung der Spendings im Rahmen programmatischer Kampagnen auf demokratiepolitisch bedenkliche Seiten nach sich ziehen und damit einen enormen Schaden für vertrauenswürdigen Journalismus, die Gesellschaft und Politik verursachen. Dementsprechend sind Einschränkungen des öffentlich-rechtlichen Angebots abzulehnen und die Förderung privatwirtschaftlicher Digitalmedien, die sich der journalistischen Ethik verpflichten, zu begrüßen.

Es braucht politischen Willen für einen starken Digitalstandort

Der Online-Vermarkterkreis spricht sich dafür aus, in der Medienförderung einen deutlichen Fokus auf Digitalmedien zu legen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum von 96 Millionen Euro aus der Digitalsteuer nur 20 Millionen in heimische Digitalmedien investiert werden. In der Schweiz oder skandinavischen Ländern wird beispielsweise rund zehnmal so viel in die Entwicklung der Digitalmedien investiert, die demokratie- und gesellschaftspolitisch essenziell sind. Die hohen Förderungen klassischer Printmedien verfehlen offensichtlich ihre Wirkung, wenn trotz staatlicher Unterstützung Jobs in den Redaktionen gestrichen werden. Es ist jetzt essenziell die digitale Medienpluralität zu stärken und in relevante und qualitätsvolle Medienprojekte und -unternehmen zu investieren.

„Werbetreibende benötigen ein vitales, vertrauenswürdiges und transparentes Digitalangebot. Medienunternehmen haben jetzt die Chancen, die Weichen für ihren künftigen Erfolg zu stellen und der werbetreibenden Wirtschaft ein attraktives Angebot zu machen, das sich gegen die globalen Plattformen behauptet. Sämtliche Studien und Erhebungen zeigen deutlich, dass die Zukunft nicht in gedruckten Produkten liegen wird“, ist Eugen Schmidt (AboutMedia), Leiter des Online-Vermarkterkreises, überzeugt. Er ergänzt: „Es braucht den politischen Willen, den Digitalstandort nachhaltig abzusichern und nicht länger in rückläufige Mediengattungen zu investieren. User müssen mit Qualitätsinhalten dort erreicht werden, wo ihr Medienkonsum stattfindet – nicht dort, wo man ihn aus historischer Sicht gerne hätte.“

Die signifikante Änderung des Nutzungsverhaltens bietet Medienunternehmen die Möglichkeit, Geschäftsmodelle neu auszurichten. Geringere Herstellungs- und Distributionskosten im Gegensatz zu Printprodukten ermöglichen Investitionen in die Redaktionen für einen kommerziell erfolgreichen Digitaljournalismus.