Im Rahmen des dritten Networking-Events am 18. Oktober 2022 befasste sich das iab austria mit der Rolle der Frau im Digitalmarketing. Nachdem die wichtigsten Fakten des Reports „Female Start-ups & Investing“ präsentiert wurden, kam das hochkarätig besetzte Panel zu Wort.
Bild v.l.n.r.: Jürgen Schmidt (STRG.at), Sabrina Oswald (Futura), Vada Müller (Leaders in Heels), Marie Boltenstern (Boltenstern), Barbara Sladek (Biome Diagnostics), Stefanie Reif (Google), Doris Christina Steiner (Jung von Matt DONAU), Helene Roba (iab Vorstand, austria.com/plus), Pauline Schreuder (iab Vorstand, Nespresso Österreich), Ursula Gastiner (iab austria), Rudolf Dömötör (WU Gründungszentrum)
Laut dem Report „Female Start-ups & Investing“, den das Gründerzentrum der Wirtschaftsuniversität Wien im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft erstellt hat, ist jedes fünfte neugegründete Startup in der Europäischen Union ein Female Startup. Eine positive Entwicklung, welche sich jedoch nicht im Finanzierungsvolumen widerspiegelt: Nur etwa jeder neunte investierte Euro geht an Startups mit zumindest einer weiblichen Gründerin. Um diesen Umstand zu beleuchten, stereotypen Zuschreibungen auf den Grund zu gehen und Lösungsvorschläge anzubieten, lud das iab austria am 18. Oktober 2022 zum Networking-Event „Frauen in Führung – Wie Frauen in der Digitalbranche erfolgreich(er) sind“. Anknüpfend an die einleitende Key Note von Rudolf Dömötör (WU Gründungszentrum), tauschten sich Doris Christina Steiner (Jung von Matt DONAU), Stefanie Reif (Google), Vada Müller (Leaders in Heels), Marie Boltenstern (Boltenstern), Jürgen Schmidt (STRG.at) und Barbara Sladek (Biome Diagnostics) auf dem Podium des dritten iab-NETworks über persönliche Erfahrungen sowie Hilfestellungen aus. Die Moderation übernahm Sabrina Oswald (Futura).
Erkenntnisse des iab-NETworks „Frauen in Führung“
Mit 36 Prozent an Female Startups liegt Österreich weit vorne im europäischen Vergleich – seit 2010 haben sich die Frauenanteile mehr als verdoppelt. Dennoch finden sich auch hierzulande noch Finanzierungsunterschiede bei den Geschlechtern. Die Ursachen für diesen Gender Funding Gap sind vielfältig und gehen oftmals auf unbewusste Voreingenommenheit bei Investitionsentscheidungen zurück. Frauen wird zumeist weniger Kompetenz sowie mehr Unterstützungsbedarf zugeschrieben, unterschiedliche Maßstäbe führen überdies zu Bewertungsunterschieden. Während an Männer gerichtete Fragen tendenziell unterstützenden Charakter haben, werden Frauen viel häufiger in eine defensive Position gedrängt – trotz einer überlegenen Performance.
„Es ist eine Tatsache, dass Frauen in Führungspositionen anders behandelt werden. Das Aussehen ist ein Thema, das Verhalten ist ein Thema. Man braucht eine dicke Haut und muss einiges aushalten können“, so Doris Christina Steiner, Geschäftsführerin von Jung von Matt DONAU.
Während sich Lösungen für die Schließung des Gender Funding Gap vor allem in der Förderung weiblichen Unternehmertums finden, ist auch die Bewusstmachung des Investitionsbias maßgeblich für seine Überwindung. Nicht müde zu werden, über strukturelle Differenzen zu reden, sei Stefanie Reif zufolge unglaublich wichtig. Im beruflichen Arbeitsalltag rät die Google-Managerin ihren Kolleginnen speziell von falscher Bescheidenheit ab.
„Wer mit Bescheidenheit glänzt, gilt als einsichtsvoll, besonnen und verständig, einfach sympathisch. Aber falsche Bescheidenheit kann die Karriere und den Einfluss, den man in einer Gruppe oder auf die Gesellschaft ausübt, hemmen. Frauen müssen lernen, ihre Bescheidenheit zu überwinden und über ihre Stärken zu reden“, so Google-Managerin Stefanie Reif. In dieselbe Kerbe schlägt auch Jürgen Schmidt, der meint: „Wer die Stimme erhebt, dominiert.“
Marie Boltenstern und Vada Müller zufolge müsse sich jedoch nicht nur der sozial-gesellschaftliche Umgang mit der Thematik, sondern auch die Struktur des Systems ändern. So seien vor allem flexible Arbeitsmodelle sowie das daraus resultierende erfolgreiche Management von Privatleben und Karriere essenziell für die Förderung weiblicher Führungskräfte.
„Ich möchte für meine Familie kochen, ich möchte am Spielplatz sitzen und ich möchte meine Firma leiten. Das alles unter einen Hut zu bekommen ist herausfordernd – aber machbar. Hierbei rate ich Kolleginnen, einen Businessplan für das eigene Leben zu erstellen und Meilensteine zu setzen: Wo will ich hin, was möchte ich erreichen?“, so Biome-Diagnostics-CEO Barbara Sladek.
Zusammenfassend sei es somit wichtig, die Strategie und Ziele für weibliches Unternehmertum zu definieren. Zudem solle der Effekt der unbewussten Voreingenommenheit gegenüber Frauen bei Investitionsentscheidungen bekannter werden, um ihm aktiv begegnen zu können. Dazu zählen neben Trainings, Mentorings und Accelerator-Programmen vor allem strukturelle Veränderungen wie beispielsweise ein höherer Anteil an weiblichen Investoren und Business Angels. Vor allem bei letzteren sieht Rudolf Dömötör massiven Aufholbedarf: 78 Prozent der Venture Capital Fonds haben keine weiblichen Partner, 89 Prozent der Business Angels sind männlich.
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Fotos: Gabriel Alarcón